Zoecke: "Kohli ist viel zuzutrauen"

Das ATP-Turnier in München neigt sich dem Ende zu. Julian Stech sprach mit dem ehemaligen Tennisprofi und Eurosport-Experten Markus Zoecke über die Leistungen der Deutschen bei den BMW Open, die Schwierigkeit, Topstars für das Turnier zu gewinnen und ein neues Projekt seiner Tennis-Akademie.

Das Interview führte Julian Stech

Markus Zoecke, welchen Stellenwert hat aus Ihrer Sicht das ATP-Turnier in München?

Markus Zoecke: Nun, das Turnier hier beim Münchner TC Iphitos gibt es natürlich schon sehr lange und es hat eine gewisse Tradition. Es findet relativ am Anfang der Sandplatzsaison und daher für deutsche Verhältnisse meist noch etwas früh im Jahr statt. Doch dieses Jahr haben wir Glück mit dem Wetter.

Die deutschen Profis sind wie immer gut vertreten. Neben Philipp Kohlschreiber ist auch Tommy Haas nach furiosen Leistungen gegen Jo-Wilfried Tsonga und Marcos Baghdatis ins Halbfinale eingezogen. Was ist Ihrer Meinung nach drin für die Deutschen?

Zoecke: Von den insgesamt sieben Deutschen im Startfeld sind jetzt noch zwei übrig. Philipp Kohlschreiber hat das Turnier schon mal gewonnen. Ihm ist eigentlich immer viel zuzutrauen, gerade hier vor heimischem Publikum. Und Tommy Haas, mit seinem Sieg gegen Tsonga, ich will nicht sagen, dass er Turnierfavorit ist, aber jeder weiß natürlich, dass er sehr gutes Tennis spielen kann. Er ist mit seinen 34 Jahren nicht mehr der Jüngste, von daher freue ich mich für ihn, dass er gesund zu sein scheint und wünsche ihm auf jeden Fall, dass er hier weit kommt.

Die ganz großen Stars wie Djokovic, Nadal und Federer bereiten sich derzeit allesamt auf das Masters-Turnier in Madrid vor, das am Sonntag beginnt. Warum ist von ihnen kaum einer dabei - und wie könnte man das für die Zukunft ändern?

Zoecke: Das liegt daran, dass der Turnierplan immer sehr eng ist. Man darf nicht vergessen, dass erst kürzlich das Masters in Monte Carlo war, es folgen jetzt mit Madrid und Rom zwei weitere und dann kommen schon die French Open. Das sind natürlich die Events auf die sich die Topstars konzentrieren wollen, da es dort mehr Weltranglistenpunkte zu holen gibt. Das ist immer schon das Thema bei den BMW Open gewesen. Es ist schwierig, zwischen diesen Turnieren Topleute hierher zu locken, die auch motiviert sind und versuchen das Beste herauszuholen. Aber ich denke, dass mit dem Weltranglisten-Fünften Jo-Wilfried Tsonga in diesem Jahr schon ein Spitzenmann dabei gewesen ist.

Wie schaut es mit der Karriere von Markus Zoecke aus? Sie sind ja schon seit längerem als Experte bei Eurosport im TV tätig. Was machen Sie außerdem?

Zoecke: Ich bin dem Tennis natürlich nach meiner Profilaufbahn immer treu geblieben. Sieben Jahre lang habe ich im Management für Boris Becker an Projekten wie dem Mercedes Junior Team gearbeitet. Meinen großen Traum habe ich mir damit erfüllt, ein eigenes Tennis-Leistungszentrum aufzubauen, die Tennis-Point Academy in Oberschleißheim. Die Arbeit bei Eurosport macht mir viel Spaß und sensibilisiert meine Augen auch für meine Tätigkeit mit den Jugendlichen. Insofern ist mein Tag relativ voll belegt mit Tennis und natürlich verbringe ich auch gerne Zeit mit meiner Familie.

Bei der Academy gibt es jetzt ein neues Projekt: "Wildcard – Ready for Recall!?“ Was kann man sich darunter vorstellen?

Zoecke: In Anlehnung an die zahlreichen großen Casting-Shows, die im Fernsehen laufen, haben wir versucht, die Jugendlichen mit dieser Idee zu treffen. Wir sprechen Kinder und Jugendliche an, die Tennis spielen und glauben, dass sie das Zeug oder den Traum haben, Profi zu werden. Diese Kinder und Jugendliche werden wir casten, und einem Nachwuchstalent die Möglichkeit geben, seinen Traum zu leben. Dafür haben wir uns mit Head und Tennis-Point zusammengetan. Die Castings haben gerade erst begonnen, weshalb das ATP-Turnier in München einen hohen Stellenwert für uns hat. Wir sind diese Woche mit einem Stand auf dem Gelände vertreten, treffen viele Bekannte und führen Gespräche, um mit dem Projekt voranschreiten zu können.

Sie haben mit Florian Mayer und Barbara Rittner zwei echte Größen des deutschen Tennis für Ihr Projekt gewinnen können. Was ist deren Funktion und inwiefern ist das ein zusätzlicher Anreiz für die Talente, am Wildcard-Projekt teilzunehmen?

Zoecke: Beide werden uns in der Jury beratend zur Seite stehen. Ein Flo Mayer beispielsweise war zwar nie das allergrößte Talent. Aber er hat immer äußerst erfolgreich gespielt, weil er das Spiel schon sehr früh verstanden hat. Kaum einer hätte ihm zugetraut, dass er mal die Nummer 19 der Weltrangliste wird. Wir sind natürlich überglücklich, dass er dabei ist. Einen aktiven Spieler, noch dazu den derzeit besten deutschen Spieler, in der Jury zu haben – etwas Besseres gibt es gar nicht. Und Barbara Rittner, die mit den deutschen Damen momentan absolut den Tennisnerv im Land trifft, ist ebenfalls ein Riesengewinn für so ein Projekt. Darum gehe ich davon aus, dass wir wirklich das größte Talent aus allen Anmeldungen finden werden.

Was genau ist Ihr Ziel mit dem Wildcard-Projekt und was springt im Endeffekt für die Kids dabei raus?

Zoecke: Unser Ziel ist es, jemanden zu finden, den wir unterstützen können. Der Gewinner erhält ein Tennis-Stipendium im Wert von bis zu 75.000 Euro. Hinter dem Projekt stecken angefangen mit meinem Partner Wolfang Sogorsky über unsere Partner bis hin zu mir selbst allesamt Tennis-Fanatiker im positiven Sinne, die den Sport lieben und dem deutschen Tennis einen kleinen Schub verpassen wollen.

TV-Tipp: Verfolgen Sie die WTA-Turniere von Madrid (7.5. bis 13.5.) und Rom (14.5. bis 20.5.) live im TV bei Eurosport und Eurosport 2 oder über den Eurosport Player im Internet..