Miro, Du fehlst so sehr!

Miro, Du fehlst so sehr!

Wie finden Sie die EM? Öde? Die deutsche Mannschaft passt sich jedenfalls nahtlos an. Es fehlt an Feuer und Leidenschaft. Früher war das anders. Als Philipp und Miro uns verzauberten. 

Von Jens Fischer

Was bitte soll das, Philipp? Auch am Dienstagabend bist du wieder nicht dort, wo du verdammt nochmal hingehörst. Weißes Trikot, rechte Außenbahn, die Linie rauf und runter. Tore vorbereiten, Tore schießen, danach klare, sympathische Analysen ohne jegliche Polemik. Deutlich, aber niemals fies. Jetzt stehst du, lieber Philipp Lahm, vermutlich am Dienstagabend an deinem Grill, relaxed und machst auf Fan. Du, ein Fan? Jetzt, wo dich die deutsche Mannschaft dringender denn je benötigt. Jetzt, wo schon wieder mit „Rumpelfüßler“ geschlagzeilt wird.

Nichts gegen Benedikt Höwedes. Der Mann hat seine Qualitäten. Hinten. Mann gegen Mann. Grätsche. Kopfball. Fan-Frust. Höwedes ist limitiert. Hector fleißig. Von Zauber keine Spur. Lahm sei der perfekte Außenverteidiger, sagt Löw heute noch. Und niemals hat man ihn so vermisst wie bei dieser EM. Philipp fehlt. Auf dem Platz, und auch daneben. Er war ein Antreiber, ein Kämpfer, ein Mann, der Emotionen lebte. Und heute? Zu viel Plastik, zu viel System, zu wenig Sensation.

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Stars wirken müde

Lahm – aber auch Miroslav Klose oder Per Mertesacker. Vor zwei Jahren waren sie die Helden, und drei starke Gründe für den umjubelten WM-Titel, für Euphorie und einen alltagsvergessenden Jubel allerorten. „Eistonnen-Per“ – was haben wir gelacht, gestritten, diskutiert. Nicht immer genial am Ball, aber immer am Limit. So muss Fußball sein. Und Klose. Immer Volksheld. Tore am Fließband, Fallrückzieher, Salto, voller Einsatz. Selten war er am Ende wirklich fit, seine Leistung hat darunter fast nie gelitten. Lahm, Klose, Mertesacker – es war eine wirklich gute Zeit.

Und heute? Sagen wir es so: Die deutsche Mannschaft passt hervorragend zu dieser EM, bei der zerrissene Trikots, geplatzte Bälle und verschweißte Trainer-Shirts zu den Höhepunkten gehören. Traumtore, sensationelle Solisten oder spektakuläre Dribblings – bislang Fehlanzeige. Müde wirken die Stars, überspielt, lassen sich von maximal zweitklassigen Kontrahenten in die Schranken weisen. Da passt sich das deutsche Team bislang nahtlos an. Langsam und träge bewegen sie sich in Frankreich über den grünen Rasen, weit davon entfernt, Mannschaften wie die Ukraine oder Polen zu dominieren. Selbst Nordirland (!) scheint kein Selbstläufer zu sein.

Zwei Spieler, die dem DFB ganz bitterlich fehlen bei der EM. Foto:xTschirnerx/xFuturexImage
Zwei Spieler, die dem DFB ganz bitterlich fehlen bei der EM. Foto:xTschirnerx/xFuturexImage

 

Wir träumen von Brasilien

Natürlich steht es außer Zweifel, dass Götze, Özil oder Kroos am Ball begnadet sind. Aber sie sind sich auch so unendlich ähnlich. Kaum Leidenschaft, kaum Feuer, kaum Power – und in der Analyse kühl und immer sachlich. Auch mal arrogant. Das Gegenteil von Lahm, Klose oder Mertesacker. Selbst ein Müller ist dabei eingefroren. Traurig. Ach ja: Schweini. So herrlich sein Auftritt im ersten Spiel, so unsichtbar ist er seitdem. Wahrscheinlich plant er seine Hochzeit.

Wer hat schon Bock auf Plastik. Kinder nicht – und Fußball-Fans schon gar nicht. Deutschland träumt von Spielen wie damals gegen Brasilien. Von Jahrhundert-Erlebnissen. Natürlich, das ist ja klar, passiert so etwas so schnell nicht wieder. Aber ein bisschen ausflippen, mit fiebern und am Ende die Erlösung aus uns schreien – das sei uns gegönnt. So wie damals. Als Philipp, Miro und Per das Zepter schwangen.