Oliver Bierhoff nach Özil-Schelte im ZDF: Ein Interview wie ein junger Aal

Oliver Bierhoff war zu Gast im ZDF. Es hätte ein Statement des DFB-Managers werden können, ein Zeichen der Stärke. Es wurde vieles, darunter auch emotional, aber ganz sicherlich nicht ehrlich.

Oliver Bierhoff ist seit 14 Jahren Team-Manager des DFB. (Bild: Getty Images)
Oliver Bierhoff ist seit 14 Jahren Team-Manager des DFB. (Bild: Getty Images)

“Jetzt hat er das umgedreht, hast du es gemerkt?”, sagte ZDF-Moderator Oliver Welke mitten im Bierhoff-Interview zu Experte Oliver Kahn. Soeben hatte der Torhüter eine kritische Frage zur Kadernominierung des DFB gestellt. Eine Antwort blieb Bierhoff schuldig, sehr wohl hatte er aber eine Gegenfrage parat.

Diese Szene stand symbolisch für vieles, was die gespannten Zuschauer im ZDF erwartet hatten. Bierhoff war anwesend, aber unter den (wenig) kritischen Fragen von Welke und den (sehr) kritischen Fragen von Oliver Kahn wand er sich wie ein junger Aal.

Echte Statements blieben auch im ZDF Mangelware. Das Problem: Bierhoff nutzte hier bereits die zweite Chance. Die erste Chance hatte er im Gespräch mit der Welt in den – bildlich gesprochenen – Nachthimmel geballert.

Bierhoff und Schuld? Ja, aber nur ein bisschen

Besonders aufgrund der expliziten Kritik an Mesut Özil hatte der Team-Manager einstecken müssen. Auch deshalb hätte das TV-Interview eine Klarstellung werden können, wenn nicht sogar müssen. Tatsächlich blieb Bierhoff aber einiges schuldig.

“Das tut mir leid, ich habe mich da falsch ausgedrückt und eine Missinterpretation hervorgerufen”, sagte der Manager. Sei er schuld? Ja, ein bisschen. Aber natürlich sei auch die Welt schuld. Und die weiteren drei Leute, die das Interview gegengelesen hätten.

Bierhoffs Kritik an Özil: Ein menschliches und moralisches Armutszeugnis

Dies zog sich wie ein roter Faden durch das gesamte Gespräch. Bierhoff gab Fehler zu, ja, aber wirklich ehrlich wirkte es nicht. Kahn betonte das gut, als er fragte, warum das Selbstverständnis bestehe, weiterhin im Amt zu bleiben, ehe die Analyse abgeschlossen sei.


Bierhoff im Fall Özil falsch verstanden – und falsch korrigiert

Das beantwortete Bierhoff nicht. Er schlängelte sich durch das Gespräch, gab hier und dort einen Fehler zu, direkt im nächsten Satz wurde aber eben jener Fehler schon wieder in ein anderes Licht gestellt. Und glänzte mit PR-Sprech wie: “Die Entschlossenheit ist da.”

Özil? Ja. Falsch verstanden worden. Und nicht ordentlich überprüft. Die ZSMMN-Kampagne? Ja, unglücklich. Aber eigentlich nur gut gemeint. Und schon gar nicht kommerziell gemeint. Minute für Minute entstand mehr der Eindruck, dass Bierhoff eigentlich alles gar nicht so gewollt hat, wie es passiert ist.

Das wäre allerdings ein Armutszeugnis für den Manager, der immerhin schon 14 Jahre lang im Amt ist. Die Kritik ist angekommen, sagte Bierhoff im Verlauf des Gesprächs. Aber das sei natürlich alles gar nicht so leicht. Es muss inzwischen die Frage gestellt werden, ob die Aufgabe nicht vielleicht sogar zu schwer ist.

Bierhoff wählte den völlig falschen Zeitpunkt

“Wir sind in der Verantwortung, wir gehen vorne weg”, sagte Bierhoff in Bezug auf Bundestrainer Joachim Löw und seine Person. Der Bundestrainer aber hat sich mit seiner verfrühten Abreise aus Russland aus der Schusslinie geduckt. Der Manager hatte ihm das zuerst gleich getan.

Die Auftritte in der Welt und im ZDF waren Versuche, wieder aufzutauchen. Kein guter Zeitpunkt, schien sich das Umfeld doch langsam zu beruhigen. Bierhoff hat mit seinen Auftritten alles wieder an Land gespült, dabei Fragen aufgeworfen und diese zu einem ganz großen Teil nicht beantwortet.

Bierhoff war emotional, aber nicht offen. Er war anwesend, aber nicht ehrlich. Er wollte Dinge klarstellen und warf nur noch mehr Fragen auf. Das geht Hand in Hand mit der Außendarstellung des DFB-Teams in den letzten Jahren. “Wir schaffen das schon, wir sind eine starke Mannschaft”, sagte Bierhoff. Das Wie ließ er unbeantwortet.

Glaubwürdig ist anders

Vieles von dem, was nach außen präsentiert wird, wirkt nicht wie die ganze Wahrheit. So war es auch beim TV-Auftritt von Bierhoff, der schon im Vorfeld der WM negativ aufgefallen war, als er die Debatte um Ilkay Gündogan und Mesut Özil für “beendet” erklärte.

Nun sagte er: “Die haben Familie und Verwandtschaft in der Türkei. Da ist es nicht immer einfach, sich über gewisse Dinge zu äußern. Dort gibt es ganz andere Reaktionen, wie kommt es dort an? Da ist es für so einen Spieler extrem schwer, den richtigen Weg zu finden.”

Das sagte Bierhoff allerdings viele Wochen zu spät. Erst stellte er sich vor die Spieler, dann wollte er die Diskussion um sie eigenmächtig beenden, dann stellte er Özil an den Pranger, nun stellt er sich wieder vor sie. “Ich hoffe, dass das glaubwürdig rüberkommt”, sagte Bierhoff. Da tut es nicht.