FC Bayern - Uli Hoeneß verabschiedet sich: "Ich habe fertig"

Uli Hoeneß hat sich am Freitagabend auf der Jahreshauptversammlung des FC Bayern München als Präsident verabschiedet. In seiner Abschiedsrede richtete er den Blick nach vorne.

Uli Hoeneß hat sein Amt als Präsident des FC Bayern niedergelegt. (Bild: Getty Images)
Uli Hoeneß hat sein Amt als Präsident des FC Bayern niedergelegt. (Bild: Getty Images)

“Es war eine wunderschöne Zeit. Das war's! Ich habe fertig! Danke!", waren die finalen Worte Hoeneß’. In einer rund 20 minütigen Rede widmete sich der 67-Jährige seinen Anfängen beim FC Bayern als Spieler, später Manager und zuletzt Präsident sowie Aufsichtsratschef.

Auf dem Podium fiel es Hoeneß sichtlich schwer, die Fassung zu bewahren. Er kämpfte bereits mit den Tränen, als er und der Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge wenige Minuten vor Beginn der Versammlung zu “Stern des Südens” in die mit 6.091 Mitgliedern gefüllte Olympiahalle einliefen.

Arjen Robben und Franck Ribery brachten zur Eröffnung die beiden Titel des vergangenen Jahres auf die Tribüne. Nach den Berichten der Vize-Präsident schließlich widmete sich Hoeneß seinem Abschied. Er mahnte den FC Bayern, in einer Metapher als großen Tanklaster beschrieben, davor, “weder nach links und schon gar nicht nach rechts” zu schauen.

Hoeneß war merklich darum bemüht, das Zepter an Sportdirektor, bald Sportvorstand, Hasan Salihamidzic, Oliver Kahn, Rummenigge und seinen designierten Nachfolger Herbert Hainer weiterzureichen: “Die Gegner sitzen draußen, die dürfen nicht zu Hause sein."

Wohin es Hoeneß nun zieht, ist noch nicht final bekannt. Die Rede des scheidenden Präsidenten ließ nur einen Schluss zu: “Irgendetwas im sozialen Bereich.” So sieht er auch den Verein in naher Zukunft: “Der FC Bayern muss sozial sein. Der Verein muss selbstbewusst sein - nicht arrogant.”

Die komplette Rede von Uli Hoeneß im Wortlaut

“Liebe Mitglieder, zunächst einmal möchte ich mich bei unserer Mannschaft und den Trainern bedanken, dass sie am letzten Wochenende die Tür geöffnet haben für eine fantastische Jahreshauptversammlung.

Hansi Flick, unsere Mannschaft hat Borussia Dortmund attackiert, dominiert und am Ende deklassiert. Das hat mir gut gefallen. Und was mich sehr geärgert hat, dass ich danach lesen musste: Dortmund war so schwach. Ich habe nicht gehört: Bayern war stark! Denn wenn wir immer so spielen würden, wie letzten Samstag, gäbe es wenige Mannschaften auf dieser Welt, die uns schlagen können. Das müsst ihr wissen.

Was besonders schön war: Am nächsten Tag hat dann auch noch unsere Basketball-Mannschaft gegen Alba Berlin ihr Heimspiel gewonnen. Das ist ja der stärkste Gegner in der Bundesliga. Und damit war das Wochenende für die Familie Hoeneß natürlich gerettet.

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Ich möchte heute nicht so über den allgemeinen Zustand des Vereins sprechen. Das wird Karl-Heinz und Jan Dreesen, die haben so schöne Sachen zu verkünden nachher. Ich möchte so ein bisschen reflektieren über fast 50 Jahre, die ich nun in diesem Verein bin.

Am 6. Juli 1970, es war ein Sonntagabend, bin ich von Ulm mit einem kleinen BMW 2002 losgefahren, um in die große Welt des FC Bayern einzutauchen. Vor lauter Aufregung habe ich in der Schellingstraße eine Rote Ampel übersehen und einen Crash gebaut. Dann habe ich mir gedacht: Das geht ja gut los... Und trotzdem hat das alles wunderbar geklappt. Am nächsten Tag war das erste Training, dann kamen die Nationalspieler: Franz und Gerd und Sepp von der WM in Mexiko. Und ich habe gar nicht gewusst, soll ich jetzt Du oder Sie zu denen sagen. Ich hatte die ja vorher nur vom Fernsehen her gesehen. Das haben die mir schnell klar gemacht. Und ich war sehr schnell integriert.

Als Spieler, das wissen Sie selbst, habe ich dann fast alles gewonnen, was man gewinnen kann. Es war eine wunderschöne Zeit. Leider habe ich schon mit 22, 23 Jahren eine schwere Knie-Verletzung gehabt. Eine Verletzung, wo unsere Ärzte und Chirurgen von heute lachen würden. Man könnte locker weiterspielen. Aber bei mir war das der Anfang vom Ende.

Da kam dann, als ich das letzte halbe Jahr meiner Karriere beim FC Nürnberg spielte, der Anruf von Herrn... (Buh-Rufe) ...gut, es war ein kleiner schwarzer Fleck in dieser... (Applaus)

Da bekam ich einen Anruf von Herrn Neudecker, ob ich mir vorstellen könne, dass ich Manager beim FC Bayern werde. Dann habe ich ihm gesagt, ich muss heute Nacht mal mit meinen Ärzten sprechen und wenn die sagen, ich soll aufhören, dann komme ich. Also, gesagt, getan.

Ich habe dann noch ein paar Spiele beim FC Nürnberg gespielt. Und dann habe ich am 1. Mai 1979 angefangen. Nur der Herr Neudecker war nicht da. Der war in der Zwischenzeit zurückgetreten. Aber Leo Hoffmann wurde Präsident und hat mich trotzdem übernommen. Und so ist aus dem 27-jährigen Fußballspieler Uli Hoeneß, der wenig Erfahrung hatte, der Manager Uli Hoeneß geworden. Gesagt, getan.

Nach emotionalem Abschied: Uli Hoeneß schießt gegen stänkernde Mitglieder

Wir hatten 7 Mio Mark Schulden. Wir hatten 12 Mio Mark Umsatz. Wir hatten 20 Mitarbeiter. Und das große Glück war: Wir hatten Karl-Heinz Rummenigge. Denn den konnte ich nach Mailand verkaufen. Für die damals sagenhafte Summe von 11 Mio. Es war das sogenannte Dreiecksgeschäft, wo es nur Gewinner gab. Wir hatten keine Schulden mehr. Wir hatten 4 Mio übrig. Ich habe für 2 Mio Lothar Matthäus aus Gladbach geholt, für 1 Mio Roland Wohlfahrt vom MSV Duisburg. Und aus dieser restlichen Million ist aus dem FC Bayern seit dieser Zeit nie mehr nur ein Euro an Mark Kredit geblieben.

Alles, was ich jetzt sage, ich möchte nicht sagen, dass ich das bin, das waren wir. Es waren viele Leute beteiligt. Wir hatten zu dem Zeitpunkt 6800 Mitglieder. Wir haben heute 293 000 Mitglieder. Wir hatten damals 80 Prozent dieser 12 Mio Mark Umsatz Zuschauer-Einnahmen. Jedes Mal, wenn wir in die Ackermann Straße eingebogen sind und es war Schlechtwetter wussten wir, im Olympiastadion 20, 25 000. Und das war das, was ich versucht habe, zu ändern. Ich wollte die Bilanz des FC Bayern unabhängig von Zuschauer-Einnahmen machen. Und dann bin nach Amerika geflogen – bei American Football, bei Baseball nachgeschaut, wie die das so machen. Nach Manchester, mein Traumverein damals war Manchester United.

Und es ist uns gelungen, innerhalb kürzester Zeit aus diesem Bereich – Marketing, Merchandising – sehr viel zu bekommen. Das hat dazu geführt, dass der FC Bayern relativ schnell erfolgreicher war. Wir haben nie verrückte Dinge gemacht. Und haben sehr oft erfolgreich Fußball gespielt.

Allerdings – und das muss ich auch sagen – damals gab es ja in unserer Poststelle so ein paar Schals, Mützen usw. Das war nicht das, was ich mir vorgestellt habe. Es musste Merchandising her. Dann kam Jürgen Klinsmann. Mit den Trikots, die wir damals verkauft haben, begann die große Merchandising-Zeit.

Dann war der Traum unserer Fans immer die Allianz Arena. Es war immer der Traum, ein eigenes Stadion zu haben. Dieses eigene Stadion konnten wir realisieren. Zuletzt mussten wir ja zwangsweise, notwendigerweise, von der Stadt gedrängt, einen Partner aufnehmen, der ziemlich schwindsichtig war. Und als die dann von uns gewichen sind, dann haben wir angefangen, richtig wie die Made im Speck zu leben. Denn ich finde, dass die Allianz Arena bis heute aus meiner Sicht das schönste Stadion der Welt ist. Wenn ich dran denke, an letzten Samstag bei diesem Spiel. Ausverkauftes Stadion, ein Nachtspiel, die Choreografie unserer Südkurve vor dem Spiel – einmalig! Und dann ein solches Fußballspiel. Fußball-Herz, was willst du mehr.

Jetzt werden Sie sagen: Wir machen Sie 750 Mio Euro Umsatz. Wir machen jedes Jahr Gewinn. Das letzte Jahr hat Jan Dreesen, wird er nachher ja sagen, ein Super-Ergebnis erzielt. Auch die laufende Saison, das haben wir ja in der letzten Aufsichtsratssitzung schon vernommen, wird fantastisch sein. Denn hier wird sehr gut gewirtschaftet. Und trotzdem wollen wir natürlich Erfolg haben.

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Ich möchte vielleicht in dem Zusammenhang mal eine Lanze brechen für unsere Spieler, für die Trainer, auch für den Vorstand. Ich glaube nicht, dass es so gut ist, was viele andere Vereine machen. Es gibt jetzt in der Zwischenzeit Vereine, Top-Vereine mit 4 und 500 Mio Euro Schulden haben. Ich weiß nicht, ob das das Ziel ist.

Und was mich auch in diesem Jahr besonders geärgert hat: Da wurden wir attackiert, weil man nicht so teure Spieler gekauft hat. Und kaum hat man einen teuren Spieler gekauft, dann ging man zu den anderen Spielern: Wie kann es sein, dass ihr jetzt vielleicht weniger verdient wie er? Also ich finde, es ist sehr wichtig, dass man sich mal irgendwann konsequent für irgendeine Seite festlegt. Entweder man holt attraktive Spieler, die sind nicht billig. Oder man ist bescheiden und dann muss man mehr Geduld haben. Wenn ich jetzt den Alphonso Davies auf der linken Seite sehe – da hat der Hasan ein richtiges Juwel für ein Schnäppchen nach München geholt.

Sie werden vielleicht sagen: Was der alles erzählt, das ist alles super. Dem Verein geht’s gut. Und jetzt hört er auf. Warum?

Seit gut einem halben Jahr beschäftige ich mich mit diesem Gedanken, weil ich ein Mensch bin, der auch an die Zukunft denkt. Ich habe viele mittelständische Unternehmen kennengelernt und bin befreundet. Und bei vielen hat die Nachfolge überhaupt nicht geklappt. Das hat mich dazu bewogen, darüber nachzudenken, dass wir an die Zukunft denken müssen. Und dass es uns gelungen ist, für den Posten des Präsidenten des Vereins eine Persönlichkeit zu gewinnen, wie Herbert Hainer, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Firma Adidas, das ist für diesen Verein eine wunderbare Sache. Und dass Oliver Kahn bereit ist, in zwei Jahren Karl-Heinz Rummenigge nachzufolgen, ist auch etwas ganz Besonderes. Aber auch da muss man Geduld haben. Das wird nicht von heute auf morgen gehen.

Für Karl-Heinz und den Vorstand wird es eine wichtige Aufgabe sein, die Vorstände Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic zu integrieren, zu einem noch stärkeren Team zusammenzubauen. Denn eines muss ich euch sagen: Die Gegner sitzen draußen. Die dürfen nicht zuhause sein. Ihr müsst ein starkes Team bilden, ihr müsst stark sein, ihr müsst euch untereinander unterstützen. Dann können den FC Bayern fast – in Deutschland sowieso nicht – aber auch international auch wenige Vereine schlagen.

Wenn ich vom FC Bayern träume, dann denke ich, das ist so ein Tanker, der auf dem Weltmeer entlang gleitet. Möglichst nicht mit Schweröl fährt, keine Container als Passagiere hat und auch kein Öl. Nein, es sind Menschen: 293 000 Mitglieder. Und in den Beibooten Millionen Fans. Dieser Tanker muss geradeaus fahren, nicht nach links schauen – und schon gar nicht nach rechts. (Applaus) Dann können wir alle stolz auf diesen Verein sein.

Dieser Verein soll immer den Menschen in den Mittelpunkt stellen. Ich habe 61 Titel gewonnen. Und ich weiß nicht, ob es immer wichtig ist, für einen Titel eine Mannschaft, einen Trainer oder einen Menschen zu opfern. Denn wenn man so stark ist, wie wir, wird das immer wieder kommen. Der Verein muss sozial sein. Der Verein muss selbstbewusst sein, nicht arrogant. (Applaus) Er muss auch an die Kleineren denken. Wir sind stark. Wir waren nicht immer stark. Aber wenn man oben ist, muss man an die denken, die unten sind. Und wenn ich manchmal so sehe, wenn ich manchmal im Auto so sitze, und dann heißt es, Aue schießt ein Tor in Sandhausen, denk ich mir, muss ich das jetzt wissen? Oder ein Zug in Kolumbien ist entgleist, muss ich das wissen? Und was für uns alle viel wichtiger ist: Dass es in dieser Stadt in München viele alten Menschen gibt, die von ihrer Rente nicht leben können. Das ist wichtig. (Applaus)

Und wenn ich mir – ich habe noch keine Idee – über die Zukunft Gedanken mache, dann werde ich sicherlich irgendwas auch im sozialen Bereich tun. Das habe ich in der Vergangenheit durch Vorträge und großzügige Spenden gemacht, aber ich werde auch in Zukunft noch mehr persönlich in diese Richtung arbeiten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Mitglieder, ich möchte mich sehr herzlich bei Ihnen bedanken. Sie haben mich 50 Jahre und mehr teilweise begleitet. Sie haben mir Freude gemacht. Sie haben mich unterstützt. Sie haben uns unterstützt. Sie haben mir das Leben schöner gemacht. Ich möchte mich nicht nur bei Ihnen, bei meiner Familie, bei meinen Mitarbeitern, bei Frau Hoffmann, bei Frau Potthoff, bei Frau Keller sehr herzlich bedanken. Es war eine wunderschöne Zeit.

Ich sage Ihnen: Das war’s. Ich habe fertig. Danke!“

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